|
|
HaushaltsSteuerung.de »
Weblog »
Entwicklung der Hebesätze von Grundsteuer A, Grundsteuer B und Gewerbesteuer in Nordrhein-Westfalen von 1977 bis 2014
Entwicklung der Hebesätze von Grundsteuer A, Grundsteuer B und Gewerbesteuer in Nordrhein-Westfalen von 1977 bis 2014
14. Juni 2015 |
Autor: Andreas Burth
Die
Realsteuern
(Grundsteuer A, Grundsteuer B und
Gewerbesteuer) sind eine der wichtigsten Ertragsquellen der
Gemeinden. Im Gegensatz zu anderen wichtigen Ertragsarten, wie z.B. dem
Einkommensteueranteil und den Zuweisungen,
haben die Gemeinden die Steuerung des Aufkommens bei den Realsteuern selbst in der Hand. Über die Festsetzung der
Hebesätze verfügen
sie über ein wichtiges haushaltspolitisches Steuerungsinstrument. Der vorliegende Beitrag untersucht im Zeitablauf
die Entwicklung der Hebesatzhöhe in den kreisfreien Städten sowie den kreisangehörigen Gemeinden des
Landes Nordrhein-Westfalen.
Überblick:
- Methodische Anmerkungen
- Entwicklung der Hebesätze der Grundsteuer A
- Entwicklung der Hebesätze der Grundsteuer B
- Entwicklung der Hebesätze der Gewerbesteuer
- Weitere Informationen
Methodische Anmerkungen
Die Untersuchung der Realsteuerhebesätze der Gemeinden in Nordrhein-Westfalen erfolgt über den Zeitraum 1977 bis
2014. 1977 ist als Startjahr gewählt worden, da es das älteste Jahr ist, zu dem vom Landesbetrieb Information und
Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) einzelgemeindlich Hebesatzdaten online berichtet werden. Differenziert wird zwischen
kreisangehörigen Gemeinden einerseits und kreisfreien Städten andererseits. Hintergrund ist, dass
kreisfreie Städte typischerweise ein größeres Aufgabenportfolio haben als kreisangehörige Gemeinden
(bei letzteren wird ein Teil der Aufgaben durch die Kreise erbracht), wodurch die beiden Kommunaltypen nur sehr
eingeschränkt miteinander vergleichbar sind.
In allen Abbildungen wird der höchste, durchschnittliche und niedrigste Hebesatz des betreffenden Jahres berichtet.
Der Durchschnittshebesatz ist nicht der
gewogene Durchschnittshebesatz, sondern das arithmetische Mittel der
Einzelwerte (d.h. alle Gemeinden sind bei der Berechnung gleich gewichtet). Die Differenz zwischen
dem höchsten und dem niedrigsten Hebesatz zeigt die Spannweite im Hebesatzniveau.
Zu beachten ist, dass sich zum 21. Oktober 2009 eine Änderung in der kommunalen Familie des Landes Nordrhein-Westfalen
ergeben hat. Zu diesem Datum wurde der Kreis Aachen durch die Städteregion Aachen abgelöst, die neben den neun
kreisangehörigen Gemeinden des Kreises Aachen auch die Stadt Aachen umfasst. Bis zum 20. Oktober 2009 war die Stadt
Aachen kreisfrei, ab dem 21. Oktober 2009 gilt sie aufgrund ihrer Regionszugehörigkeit statistisch als kreisangehörig.
Hinsichtlich des kreisangehörigen Raums ist generell darauf hinzuweisen, dass selbiger keineswegs homogen ist. Vielmehr
besteht insbesondere eine erhebliche Spannweite bei den Einwohnerzahlen. Diese reicht zum 31.12.2013 von 4.172 Einwohnern
in Dahlem bis zu 241.683 Einwohnern in Aachen (jeweils auf Basis des Zensus 2011). Größere kreisangehörige Gemeinden haben
häufig ein umfangreicheres Aufgabenportfolio als kleinere kreisangehörige Gemeinden. Die damit einher gehenden höheren
Aufwendungen führen auch zu einem höheren Ertragsbedarf. In der Folge haben einwohnerstärkere Gemeinden auch tendenziell
höheren Realsteuerhebesätze.
Im Kontext der Grundsteuer ist anzumerken, dass selbige noch auf den Einheitswerten von 1964 basiert. Die Grundsteuer
ist dabei so ausgestaltet, dass sie an der allgemeinen Preissteigerung nicht automatisch teilnimmt. Bei konstanten
Hebesätzen sinkt aufgrund der Inflation die effektive Steuerlast. Die Gemeinden können diesem Prozess aber durch
steigende Hebesätze begegnen. In einigen Gemeinden sind die Grundsteuerhebesätze über Jahrzehnte hinweg gleich hoch
geblieben, wodurch die effektiven Hebesätze im Zeitablauf immer weiter gesunken sind. Ein Teil dieser Gemeinden hat
in der jüngeren Vergangenheit die versäumten Hebesatzanpassung mit größeren Hebesatzsprüngen nachgeholt.
Eine weitere Ursache der Hebesatzsprünge der letzten Jahre sind auch die Wirkungen des 2011 vom Landtag beschlossenen
Stärkungspaktes Stadtfinanzen. Hebesatzanpassungen sind darin eine mögliche Form der ertragsseitigen
Haushaltskonsolidierung.
» Stärkungspakt Stadtfinanzen
Hrsg.: Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen
Entwicklung der Hebesätze der Grundsteuer A
Die Grundsteuer A ist bei den meisten Gemeinden eine Steuerart von untergeordneter Bedeutung. Die
(kreisfreien und kreisangehörigen) Gemeinden Nordrhein-Westfalens hatten 2014 ein Pro-Kopf-Aufkommen bei der
Grundsteuer A von 2,44 Euro je Einwohner. Dies ist der zweitniedrigste Wert aller Flächenländer. Nur das Saarland
hat ein noch geringeres Pro-Kopf-Aufkommen. Nordrhein-Westfalen und das Saarland sind die beiden am dichtesten
besiedelten Flächenländer in Deutschland.
Die untergeordnete Relevanz der Grundsteuer A gilt im Besonderen für die kreisfreien Städte, da diese typischerweise
eine vergleichsweise hohe Bevölkerungsdichte haben. In der Folge stehen tendenziell weniger Flächen für die Land-
und Forstwirtschaft zur Verfügung.
Im Zeitablauf ist bei der Grundsteuer A eine deutliche Steigerungstendenz bei den Hebesätzen zu beobachten. Der
durchschnittliche Hebesatz erhöhte sich bei den kreisfreien Städten im Zeitraum 1977 bis 2014 von 143,65 Prozent auf
250,41 Prozent. Der Höchsthebesatz lag 2014 bei 375 Prozent (Hagen). Den niedrigsten Hebesatz hatte Düsseldorf mit
156 Prozent.
Auch im kreisangehörigen Raum ist im Zeitablauf eine Steigerungstendenz bei den Hebesätzen zu beobachten. Die
Spannweite der Hebesätze ist größer als bei den kreisfreien Städten. Der geringste Hebesatz ist 2014 von Verl
festgesetzt worden (150 Prozent). Der Höchsthebesatz findet sich in Hürtgenwald (645 Prozent). Der
Durchschnittshebesatz der Grundsteuer A stieg von 1977 bis 2014 von 136,11 Prozent auf 262,39 Prozent.
Entwicklung der Hebesätze der Grundsteuer B
Die Grundsteuer B ist eine der aufkommensstärkeren Gemeindesteuern. Zumeist liegen nur die Netto-Erträge der
Gewerbesteuer und die Erträge aus dem Einkommensteueranteil höher. Ein Vorteil der Grundsteuer B ist, dass sie
weit weniger konjunktursensibel ist als die Gewerbesteuer. Dies erleichtert die Planbarkeit des Aufkommens.
Hebesatzanpassungen schlagen sich nahezu 1-zu-1 im Aufkommen nieder. Im Gegensatz zur Gewerbesteuer müssen
Teile des Aufkommens auch nicht an Bund und Länder weitergeleitet werden
(Gewerbesteuerumlage). Hinzu kommt,
dass die Grundsteuer B von allen Bürgern und Unternehmen direkt (Eigentümer) oder indirekt (Mieter) getragen
wird. Mittelbar wird auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei der Grundsteuer B berücksichtigt, da
wirtschaftlich leistungsfähigere Bürger i.d.R. auch besser wohnen und demzufolge mehr Grundsteuer B zahlen.
Die genannten Vorteile machen die Grundsteuer B zu einer idealen Gemeindesteuer. Sie kann einen Zusammenhang
zwischen Abgabenniveau und kommunalem Leistungsniveau herstellen. Ihr Hebesatz eignet sich insbesondere, um im
Sinne eines flexiblen Ausgleichsmechanismus den ordentlichen
Haushaltsausgleich eines jeden Jahres sicherzustellen.
Man spricht in diesem Kontext auch vom Konzept einer
doppischen Kommunalschuldenbremse mit
Generationenbeitrag.
Einige Kommunen haben das Modell in Form einer
Nachhaltigkeitssatzung auch bereits in ihr Ortsrecht übernommen
(für Beispiele siehe nachfolgende Links).
» Nachhaltigkeitssatzung der Stadt Freudenberg
Hrsg.: Stadt Freudenberg
» Satzung generationengerechte Finanzen der Ortsgemeinde Stadtkyll
Hrsg.: Ortsgemeinde Stadtkyll
» Nachhaltigkeitssatzung der Stadt Taunusstein
Hrsg.: Stadt Taunusstein
Der Höchsthebesatz liegt im kreisfreien Raum im Jahr 2014 bei 750 Prozent (Hagen). Das Pendant mit dem niedrigsten Hebesatz
ist die Landeshauptstadt Düsseldorf mit 440 Prozent. Im Zeitablauf hat sich die Spannweite der Hebesätze erhöht.
Dies gilt insbesondere für die Entwicklung der letzten Jahre. Der Durchschnittshebesatz der Grundsteuer B erhöhte
sich bei den kreisfreien Städten von 1977 bis 2014 von 279,52 Prozent auf 564,73 Prozent.
Der Maximalhebesatz bei der Grundsteuer B findet sich in der Gruppe der kreisangehörigen Gemeinden 2014 in
Haltern am See und in Selm (jeweils 825 Prozent). Der geringste Hebesatz ist 2014 von Harsewinkel festgesetzt
worden (260 Prozent). Die Spannweite der Hebesätze hat sich im Zeitablauf erhöht. Dies gilt im Besonderen für
den Vergleich der Jahre 2011 und 2012. Der Durchschnittshebesatz der Grundsteuer B stieg im kreisangehörigen
Raum von 218,71 Prozent im Jahr 1977 auf 456,22 Prozent im Jahr 2014.
Die jüngst in Nordrhein-Westfalen erreichten Höchsthebesätze bei der Grundsteuer B von 825 Prozent warf auch die
Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit solcher Niveaus auf. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ging 2012
dieser Frage nach. In seinem Urteil vom 25.10.2012 wurde der Hebesatz für rechtmäßig erklärt. Nach Ansicht der
Richter handele es sich weder um eine willkürliche Hebesatzerhöhung noch um eine unverhältnismäßige oder
"erdrosselnde" finanzielle Belastung der Steuerzahler.
» Grundsteuerhebesatz von 825 Prozent in Selm hat keine erdrosselnde Wirkung, Blog-Eintrag vom 18. Dezember 2012
Autor: Marc Gnädinger
Zu beachten ist, dass es in anderen Ländern inzwischen sogar höhere Hebesätze als in Selm und Haltern am See gibt.
So erhebt die etwa 10.000 Einwohner zählende Gemeinde Nauheim in Hessen einen Grundsteuer-B-Hebesatz von 960 Prozent.
Es ist zu erwarten, dass gerade in Gemeinden mit größeren Haushaltsproblemen mittelfristig auch Hebesätze über 1.000
Prozent realistisch sind.
Entwicklung der Hebesätze der Gewerbesteuer
Die Gewerbesteuer ist eine der wichtigsten Steuerertragsquellen der Gemeinden. Ihr Aufkommen verbleibt allerdings nicht
in voller Höhe bei den Gemeinden. Vielmehr ist in Form der Gewerbesteuerumlage ein Teil des Aufkommens an Bund und Länder
abzuführen. Im Gegensatz zu anderen wichtigen Steuerertragsarten, wie z.B. der Grundsteuer B,
ist die Gewerbesteuer sehr konjunktursensibel. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Phasen kann eine hohe Gewerbesteuerabhängigkeit
problematisch sein. Zwar werden Gewerbesteuereinbrüche i.d.R. teilweise durch höhere Zuweisungen aus dem
kommunalen Finanzausgleich sowie durch niedrigere
Kreisumlagen abgefedert, eine vollständige Kompensation für ehemals
hohe Gewerbesteuererträge gibt es aber nicht.
Auch über die Hebesätze der Gewerbesteuer können die Gemeinden einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten. Da das
Gewerbesteuervolumen in den meisten Gemeinden höher ist als das Volumen der Grundsteuer B können bei der Gewerbesteuer
durch kleinere Hebesatzpassungen höhere Konsolidierungsbeiträge geleistet werden. Zu beachten sind bei
Gewerbesteuerhebesatz-Entscheidungen aber auch etwaige Wanderungsbewegungen der Gewerbebetriebe.
Im Jahr 2014 ist der höchste Gewerbesteuerhebesatz der kreisfreien Städte von Oberhausen festgesetzt worden (520 Prozent).
Düsseldorf und Krefeld haben mit 440 Prozent den niedrigsten Hebesatz beschlossen. Im Betrachtungszeitraum hat sich die
Spannweite der Hebesätze zunächst verringert. Nach der Jahrtausendwende sowie ab 2012 haben sich Unterschiede zwischen dem
Höchst- und dem Niedrigsthebesatz wieder erhöht. Im Vergleich der Jahre 1977 und 2014 ist der Gewerbesteuerhebesatz der
kreisfreien Städte im Durchschnitt von 288,26 Prozent auf 480,68 Prozent gestiegen.
Die Spannweite der Gewerbesteuerhebesätze ist im kreisangehörigen Raum seit Beginn der 1980er-Jahre weitgehend konstant
geblieben. Erst in der jüngeren Vergangenheit hat sich wieder eine größere Spreizung aufgetan. Den höchsten
Gewerbesteuerhebesatz hat 2014 Marl mit 530 Prozent festgesetzt. Das niedrigste Niveau im Jahr 2014 hat Monheim am Rhein
mit 285 Prozent. Der Durchschnittshebesatz ist im Betrachtungszeitraum von 269,57 Prozent auf 433,41 Prozent angestiegen.
Weitere Informationen
Ergänzende Informationen zu den Steuereinnahmen der Kommunen in Deutschland können Sie u.a. über folgende
Links abrufen.
» Steuer-Datenbank der kreisfreien Städte in Deutschland
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Steueruhr zu den Steuereinnahmen Deutschlands
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Blog-Einträge zum Thema "Steuern"
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
Blog-Einträge zu den Kommunalfinanzen in Nordrhein-Westfalen finden Sie über untenstehende Links.
» Vergleich der NRW-Kommunen zur Anzahl der Vollzeitäquivalente zum 30.6.2013, Blog-Eintrag vom 18.12.2014
Autor: Andreas Burth
» Rankings zu den Pro-Kopf-Steuereinnahmen 2013 der Städte und Gemeinden in NRW, Blog-Eintrag vom 13.12.2014
Autor: Andreas Burth
» Ergebnisplanung 2014 der Kreise in Nordrhein-Westfalen im Vergleich, Blog-Eintrag vom 2.12.2014
Autor: Andreas Burth
» Produktbereich-Ergebnisplanung im Haushaltsplan 2014 der 22 kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen im Vergleich, Blog-Eintrag vom 15.11.2014
Autor: Andreas Burth
» Ergebnisplanung und Realsteuerhebesätze 2014 in den 48 kreisangehörigen Stärkungspakt-Gemeinden in Nordrhein-Westfalen im Vergleich, Blog-Eintrag vom 29.10.2014
Autor: Andreas Burth
» NKF-Haushaltssatzungen 2014 der 22 kreisfreien NRW-Städte im Vergleich, Blog-Eintrag vom 11.10.2014
Autor: Andreas Burth
» Ranking zur Verschuldung der 374 kreisangehörigen Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen, Blog-Eintrag vom 8.8.2014
Autor: Andreas Burth
|
|
|