Kontakt  |  Sitemap  |  Impressum/Datenschutz
Startseite
Weblog
Themen
Lexikon
Akteure
Literatur
Über HaushaltsSteuerung.de
  Weblog
  » Aktuelle Blog-Einträge
  » Weblog-Archiv
  » Themen
  » Karikaturen
  » Autoren
  » RSS-Feed zum Blog
HaushaltsSteuerung.de » Weblog » Kommunale Netto-Steuereinnahmen 2016 im Ländervergleich

Kommunale Netto-Steuereinnahmen 2016 im Ländervergleich
7. Mai 2017  |  Autor: Andreas Burth



Die jüngst vom Statistischen Bundesamt veröffentliche Kassenstatistik für das Jahr 2016 ermöglicht einen aktualisierten Blick auf die Netto-Steuereinnahmen der Kommunen der Flächenländer. Die Netto-Steuereinnahmen sind eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. Im Jahr 2016 belaufen sie sich gemäß Kassenstatistik auf insgesamt 89,75 Mrd. Euro. Der vorliegende Beitrag analysiert in Form von Ländervergleichen die Steuereinnahmen der Kommunen der Flächenländer in Deutschland.

Mit den Kommunen sind in diesem Beitrag vornehmlich die kreisfreien Städte sowie die kreisangehörigen Städte und Gemeinden angesprochen. Die übrigen Kommunaltypen (z.B. die Landkreise) haben nur sehr geringe eigene Steuereinnahmen.

» Steuereinnahmen der Landkreise in Deutschland, Blog-Eintrag vom 15. Oktober 2015
    Autor: Andreas Burth

Überblick:
- Netto-Steuereinnahmen im Ländervergleich
- Sonstige Gemeindesteuern und steuerähnliche Abgaben im Ländervergleich
- Zusammenhang zwischen Netto-Steuereinnahmen und nominalem BIP
- Weitere Informationen



Netto-Steuereinnahmen im Ländervergleich

Abbildung 1 zeigt, dass die hessischen Kommunen mit 1.485 Euro je Einwohner am steuerstärksten sind. Am anderen Ende des Rankings findet sich Mecklenburg-Vorpommern mit 713 Euro je Einwohner. Im Jahr 2016 erreicht noch immer kein Ost-Flächenland das Pro-Kopf-Niveau eines West-Flächenlandes.

Die wichtigsten Steuerarten sind die Gewerbesteuer (netto, d.h. nach Abzug der Gewerbesteuerumlage) und der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer. Auf den Plätzen 3 und 4 folgen die Grundsteuer B und der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer. Die übrigen Steuer verzeichnen im Vergleich zu den großen Steuern nur ein sehr geringes Aufkommen.

Pro-Kopf-Ländervergleich zu den Netto-Steuereinnahmen der Kommunen der Flächenländer im Jahr 2016 (in Euro je Einwohner)



Sonstige Gemeindesteuern und steuerähnliche Abgaben im Ländervergleich

In obiger Abbildung 1 werden die sonstigen Gemeindesteuern und steuerähnlichen Abgaben aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht differenziert dargestellt. Eine grobe Differenzierung wird daher durch Abbildung 2 bereitgestellt.

Wie Abbildung 2 zeigt, ist die Vergnügungsteuer die aufkommensstärkste sonstige Gemeindesteuer. Ebenfalls etwas aufkommensstärker sind noch die Hundesteuer und die Zweitwohnungsteuer.

Ländervergleich zu den Pro-Kopf-Einnahmen der Kommunen der Flächenländer im Jahr 2016 aus sonstigen Gemeindesteuern und steuerähnlichen Abgaben (in Euro je Einwohner)



Zusammenhang zwischen Netto-Steuereinnahmen und nominalem BIP

Eine wesentliche Determinante der Netto-Steuereinnahmen ist die Wirtschaftskraft. Die Wirtschaftskraft wird üblicherweise anhand des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gemessen. Abbildung 3 zeigt das nominale Pro-Kopf-BIP der Flächenländer im Jahr 2016.

Die drei wirtschaftskräftigsten Länder sind demnach Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. Die geringste Wirtschaftskraft verzeichnen Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Auch im Jahr 2016 hat noch kein Ost-Flächenland das nominale Pro-Kopf-BIP eines West-Flächenlandes erreicht.

Nominales Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt der Flächenländer im Jahr 2016 im Vergleich (in Euro je Einwohner)

Interessant ist es, darauf aufbauend die Netto-Steuereinnahmen einerseits und das nominale BIP andererseits in einer Grafik zusammen zu führen. Abbildung 4 zeigt daher auf der Y-Achse die Netto-Steuereinnahmen und auf der X-Achse das nominale BIP (jeweils in Euro je Einwohner). Der Zusammenhang zwischen beiden Größen ist statistisch stark ausgeprägt. Das Bestimmtheitsmaß (auch: R2) der linearen Regression liegt bei 0,9165.

Das Bestimmtheitsmaß gibt den Anteil der Varianz/Variation einer abhängigen Variable (hier: Netto-Steuereinnahmen je Einwohner) an, der durch eine andere unabhängige Variable (hier: nominales BIP je Einwohner) erklärt werden kann. Im vorliegenden Fall können somit 91,65 Prozent der Varianz/Variation in den Netto-Steuereinnahmen je Einwohner durch das nominale BIP je Einwohner erklärt werden. Dies ist ein sehr hoher Wert.

Zusammenhang zwischen den kommunalen Netto-Steuereinnahmen und dem nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2016 im Vergleich der Flächenländer (in Euro je Einwohner)

Auffällig in Abbildung 4 ist das notorische Krisenland Saarland. Die Kommunen haben in Anbetracht ihrer Wirtschaftskraft nur stark unterdurchschnittliche Netto-Steuereinnahmen. Die Bürger und Unternehmen im Saarland unterliegen folglich im Verhältnis zur ihrem Pro-Kopf-BIP nur einer sehr geringen Pro-Kopf-Steuerbelastung.

Eine solche Situation ist durchaus tragbar - sofern die Haushalte über eine zurückhaltende Ausgabenpolitik dauerhaft ausgeglichen werden. Leider ist dies im Saarland jedoch noch nicht der Fall. Das Saarland gilt bereits seit vielen Jahren als der Inbegriff eines Landes mit großen Kommunalfinanz-Problemen. Im Jahr 2016 beläuft sich das Finanzierungsdefizit der saarländischen Kommunen auf 130,0 Mio. Euro bzw. 131 Euro je Einwohner (jeweils nur Kernhaushalte). Dies ist 2016 das höchste Pro-Kopf-Finanzierungsdefizit aller Flächenländer.

Pro-Kopf-Finanzierungssalden der kommunalen Kernhaushalte im Jahr 2016 im Vergleich der Flächenländer (in Euro je Einwohner)

Zugleich haben die saarländischen Kommunen im Laufe der Jahre durch ihre Defizitpolitik auch die höchsten Pro-Kopf-Kassenkredite aller Flächenländer angesammelt. Die Kassenkredite im Kernhaushalt belaufen sich zum 31.12.2016 auf enorme 2.190 Euro je Einwohner. Zum Vergleich: Der Durchschnitt der übrigen zwölf Flächenländer (d.h. ohne das Saarland) liegt bei 605 Euro je Einwohner.

Kassenkredite sind Schulden, die eigentlich der kurzfristigen Liquiditätssicherung dienen (ähnlich einem Kontokorrentkredit oder Dispokredit im privaten Bereich). Tatsächlich werden die Kassenkredite jedoch von einigen Kommunen (u.a. im Saarland) zur dauerhaften Finanzierung laufender Defizite zweckentfremdet. Dies ist u.a. deshalb problematisch, weil den Kassenkrediten - im Gegensatz zu den Investitionskrediten - keine investiv geschaffenen Vermögenswerte (z.B. Schulgebäude, Brücke) gegenüber stehen. Die in Form von konsumtiven Kassenkrediten angesammelten Lasten werden demnach nachrückenden Generationen aufgebürdet, ohne dass diesen Generationen aus der Verschuldung (z.B. in Form investiv geschaffener Vermögenswerte) ein Vorteil erwächst. Hohe dauerhafte Kassenkreditbestände (z.B. von 500 Euro je Einwohner oder mehr) sind ein Indikator für ein Wirtschaften über die eigenen Verhältnisse.

Vorläufiger Stand der Pro-Kopf-Kassenkredite der kommunalen Kernhaushalte zum 31.12.2016 im Vergleich der Flächenländer (in Euro je Einwohner)

Die saarländischen Kommunen stehen folglich vor weiteren Konsolidierungsherausforderungen. Konsolidieren können sie sowohl auf der Einnahme- als auch auf der Ausgabeseite. In Anbetracht der Höhe der Defizite (aktuelle Defizite und Altdefizite) erscheinen jedoch Konsolidierungsmaßnahmen auf beiden Seiten erforderlich. Auf der Einnahmeseite können die Städte und Gemeinden über Hebesatzerhöhungen einen Beitrag zum Defizitabbau leisten. Einen wesentlichen Teil ihrer Defizite können sie dabei ausgleichen, indem sie die Steuerbelastung der Bürger und Unternehmen lediglich auf den Durchschnitt erhöhen. Mit dem Durchschnitt ist hier die rote Regressionsgerade in Abbildung 4 angesprochen.

Die Gleichung der Regressionsgerade lautet:
Y = 0,0387 · X − 292,71
(Y = Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen; X = nominales Pro-Kopf-BIP)

Durch Einsetzen von X = 35.258 ergibt sich Y = 1.072. Bei einer durchschnittlichen Steuerbelastung im Saarland könnten demnach Netto-Steuereinnahmen von 1.072 Euro je Einwohner bzw. 1.067,1 Mio. Euro erzielt werden. Demgegenüber liegen die tatsächlichen Netto-Steuereinnahmen 2016 bei 905 Euro je Einwohner bzw. 901,4 Mio. Euro.

Die saarländischen Kommunen könnten folglich mit einer durchschnittlichen Steuerbelastung Mehreinnahmen in Höhe von 165,6 Mio. Euro erzielen. Zum Vergleich: Das Finanzierungsdefizit der Kernhaushalte der saarländischen Kommunen liegt 2016 bei 130,0 Mio. Euro. Zuzüglich der Extrahaushalte beläuft sich das Finanzierungsdefizit auf 168,4 Mio. Euro. Die saarländischen Kommunen könnten demnach durch die Mehreinnahmen von 165,6 Mio. Euro die kompletten Finanzierungsdefizite der Kernhaushalte (130,0 Mio. Euro) und nahezu die gesamten Defizite der kommunalen Extrahaushalte (38,4 Mio. Euro) ausgleichen.

Sofern "sogar" eine überdurchschnittlich hohe Steuerbelastung beschlossen wird - was im Falle des Saarlandes angesichts hoher Defizite und enormer Schulden durchaus begründbar wäre - lägen die Einnahmesteigerungen noch höher (d.h. es könnten Schulden abgebaut werden). Vor allem, wenn man bedenkt, dass die saarländischen Städte und Gemeinden bereits seit einigen Jahren nur eine unterdurchschnittliche Steuerbelastung festgesetzt haben (trotz enormer Defizite und eines starken Schuldenwachstums), erscheint eine überdurchschnittliche Steuerbelastung nicht gänzlich unangebracht. Eine haushaltspolitische Alternative zwecks Defizitabbau sind für die saarländischen Kommunen Einsparungen auf der Ausgabeseite.

Sicher liegt ein Teil der Ursachen für die kommunale Finanzmisere im Saarland auch bei anderen Akteuren (z.B. einer nachlässigen Kommunalaufsicht). Gleichsam wird jedoch auch deutlich, dass die saarländischen Kommunen durchaus Handlungsoptionen haben. Sie verzichten aber bereits seit vielen Jahren darauf, sie umzusetzen. In diesem Sinne ist leider festzustellen, dass die Kommunen im Saarland für ihre Probleme zu einem großen Teil selbst verantwortlich sind. Sie müssen daher auch aus eigener Kraft den Weg aus der Krise finden. Das Recht auf Selbstverwaltung ist untrennbar verknüpft mit der Pflicht zur Selbstverantwortung. Es kann nicht sein, dass eines Tages die Bürger und Unternehmen anderer Länder bzw. anderer Kommunen (direkt oder indirekt) für die haushaltspolitische Untätigkeit im Saarland aufkommen sollen.

Um sich in Abbildung 4 parallel zur Y-Achse nach oben zu bewegen, können die Hebesätze der Realsteuern (Grundsteuer, Gewerbesteuer) angehoben werden. Ferner können die Stellschrauben bei den sonstigen Gemeindesteuern (z.B. Hundesteuer, Vergnügungsteuer) genutzt werden. Im Kontext der Hebesätze der Realsteuern sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass selbige interkommunal nicht vollständig vergleichbar sind. Dies gilt insbesondere für die Grundsteuer. So kann der gleiche Grundsteuer-B-Hebesatz in verschiedenen Kommunen zu einer unterschiedlichen Pro-Kopf-Belastung von Bürgern und Unternehmen führen (siehe nachfolgender Link). Vor diesem Hintergrund können im Saarland auch Hebesätze über dem Durchschnittshebesatz notwendig werden, um in Abbildung 4 auf der roten Regressionsgerade zu landen (d.h. um eine durchschnittliche Pro-Kopf-Steuerbelastung zu erzielen).

» Pro-Kopf-Belastung je Hebesatzpunkt bei der Grundsteuer B, Blog-Eintrag vom
    12. März 2016

    Autor: Andreas Burth

Abschließend sei der Vollständigkeit halber noch darauf hingewiesen, dass sich auch die Regressionsgerade leicht nach oben verschiebt, wenn das Saarland aufgrund von Hebesatzerhöhungen in der Grafik nach oben wandert. Dies bedeutet, dass das Saarland streng genommen sogar noch eine leicht unterdurchschnittliche Pro-Kopf-Steuerbelastung bewahren könnte, wenn sie die rote Regressionsgerade in Abbildung 4 träfe.



Weitere Informationen

Weiterführende Informationen zum Themengebiet "Steuern" finden Sie auf HaushaltsSteuerung.de z.B. über nachfolgende Links.

» Blog-Einträge zum Thema "Steuern"
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de

» Steuer-Datenbank der kreisfreien Städte in Deutschland
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de





©  Andreas Burth, Marc Gnädinger