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HaushaltsSteuerung.de » Weblog » Primärsalden der EU-Staaten im Jahr 2016

Primärsalden der EU-Staaten im Jahr 2016
11. Mai 2017  |  Autor: Andreas Burth



Eurostat hat Ende April die Datenbanken zu den Staatsfinanzen der EU-Mitglieder um die Zahlen des Jahres 2016 aktualisiert. Die Daten von Eurostat ermöglichen umfangreiche Analysen zu den Finanzen der 28 EU-Staaten. Abgedeckt wird jeweils der Sektor Staat, d.h. die Kern- und Extrahaushalte von Bund/Zentralstaat, Ländern (sofern vorhanden), Kommunen und gesetzlicher Sozialversicherung. In der Rubrik "Staatsverschuldung in der Europäischen Union (EU)" werden bereits zahlreiche Finanzanalysen auf Grundlage der Eurostat-Daten durchgeführt (siehe nachfolgender Link). Nicht Bestandteil dieses Angebots sind allerdings Berechnungen zum sog. "Primärsaldo".

» Staatsverschuldung in der Europäischen Union (EU)
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de

Der Primärsaldo ist eine Kennzahl, die insbesondere im Zuge der jüngsten Staatsfinanzkrise häufiger diskutiert wurde. Sie wird auch heute noch zur Beurteilung der Finanzlage eines Staates eingesetzt. Die Blog-Einträge auf HaushaltsSteuerung.de zu den Primärsalden der EU-Staaten gehörten in den letzten Jahren zu den häufiger aufgerufenen Beiträgen. Der vorliegende Beitrag zielt vor diesem Hintergrund darauf ab, eine aktualisierte Kurzanalyse der Primärsalden der EU-Staaten bereitzustellen. Betrachtet wird hier das Jahr 2016.

Überblick:
- Methodische Anmerkungen
- Primärsalden der EU-Staaten in Mrd. Euro
- Primärsalden der EU-Staaten in Prozent des BIP
- Primärsalden der EU-Staaten in Euro je Einwohner
- Weitere Informationen



Methodische Anmerkungen

Der Primärsaldo bestimmt sich aus den von Eurostat publizierten Daten, indem zum Überschuss bzw. Defizit nach Maastricht-Vertrag (Finanzierungssaldo) die Zinsausgaben hinzuaddiert werden. Hintergrund ist, dass die Zinsausgaben im Überschuss bzw. Defizit nach Maastricht-Vertrag bereits enthalten sind und hierin als Ausgabeposition negativ erfasst worden sind. Das Hinzuaddieren der Zinsausgaben neutralisiert diese Position.

Berechnung des Primärüberschusses bzw. Primärdefizits

Der Primärsaldo ist eine bedeutende Kennzahl zur Beurteilung der Situation der Staatsfinanzen. Kernidee hinter der Kennzahl "Primärsaldo" ist es, dass die Zinszahlungen auf die angesammelten Schulden des Staates nicht zum Portfolio der eigentlichen Kernaufgaben eines Staates zählen. Sie werden daher wieder aus dem Maastricht-Saldo eliminiert. Im Ergebnis zeigt der Primärsaldo an, ob die Staatseinnahmen in ihrer Höhe genügen, um die Staatsausgaben für die Erfüllung der staatlichen Kernaufgaben (Bildung, Forschung, innere Sicherheit, äußere Sicherheit, Soziales etc.) vollständig zu decken. Ist der Primärsaldo negativ (Primärdefizit), so reichen die Einnahmen nicht aus, um die Ausgaben für die Kernaufgaben zu finanzieren. Ist er positiv (Primärüberschuss), nimmt der Staat mehr ein als er zur Erfüllung der Kernaufgaben bräuchte.

Zur Interpretation des Primärsaldos ist indes zusätzlich die Staatsverschuldung zu berücksichtigen. Hätte ein Staat keinerlei (verzinsliche) Schulden, würde diesem Staat ein ausgeglichener Primärsaldo genügen. Im (fiktiven) Fall der Schuldenfreiheit entspricht der Primärsaldo dem Überschuss/Defizit nach Maastricht-Vertrag. Ist ein Staat indes verschuldet (was bei allen 28 EU-Staaten der Fall ist), hat selbiger Primärüberschüsse zu erwirtschaften, um das Wachstum der Staatsverschuldung zu stoppen. Genau genommen muss der Primärüberschuss die Zinsausgaben übersteigen, um einen Abbau der Staatsverschuldung zu ermöglichen.

Das oben beschriebene und auch in den Analysen des vorliegenden Blog-Eintrags verwendete Begriffsverständnis des Primärsaldos ist diejenige Abgrenzung, die meist in statistischen Analysen zu den EU-Staatsfinanzen genutzt wird. Auch Eurostat verwendet i.d.R. diese Abgrenzung. Zu beachten ist allerdings, dass es sich hierbei nicht um die einzige Definition des Begriffs "Primärsaldo" handelt. So nutzt die Troika (bzw. "Die Institutionen") z.B. für Griechenland eine abweichende, landesspezifische Definition. Die Troika-Definition kann in erheblichem Ausmaße von der statistischen Definition abweichen. Weitere Informationen zur Troika-Definition für Griechenland finden Sie unter nachfolgendem Link.

» Primärüberschüsse bzw. Primärdefizite der EU-Länder im Vergleich, Blog-Eintrag vom
    22. Februar 2015

    Autor: Andreas Burth



Primärsalden der EU-Staaten in Mrd. Euro

Im Jahr 2016 verzeichnen 21 der 28 EU-Staaten einen positiven Primärsaldo. In zwölf dieser 21 Staaten reicht der Primärüberschuss aus, um die Zinsausgaben in voller Höhe zu decken (d.h. sie haben einen Überschuss nach Maastricht-Vertrag). Unter den Staaten mit Primärüberschuss und Maastricht-Überschuss ist auch Deutschland (Primärüberschuss: 67,08 Mrd. Euro). Österreich erreicht zwar einen Primärüberschuss von 1,92 Mrd. Euro, allerdings reicht dieser nicht zur Deckung der kompletten Zinsausgaben.

In ihrer Summe haben die 28 EU-Staaten (EU-28) im Jahr 2016 einen Primärüberschuss von 65,98 Mrd. Euro. Die 19 Mitglieder des Euro-Systems (Euro-19) kommen auf einen Primärüberschuss von 70,08 Mrd. Euro. Weder bei den EU-28 noch bei den Euro-19 übersteigt der Primärüberschuss die Zinsausgaben.

Berechnung der absoluten Höhe der Primärsalden der EU-Staaten im Jahr 2016



Primärsalden der EU-Staaten in Prozent des BIP

Die höchsten Primärüberschüsse in Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) haben im Jahr 2016 Griechenland (3,94 Prozent des BIP), Malta (3,22 Prozent des BIP) und Zypern (2,96 Prozent des BIP). Deutschlands Primärüberschuss liegt bei 2,14 Prozent des BIP, Österreichs bei 0,55 Prozent des BIP. Die drei Staaten mit den höchsten Primärdefiziten 2016 sind Spanien (-1,73 Prozent des BIP), Rumänien (-1,54 Prozent des BIP) und Frankreich (-1,52 Prozent des BIP).

Berechnung der Primärsalden in Prozent des BIP der EU-Staaten im Jahr 2016



Primärsalden der EU-Staaten in Euro je Einwohner

Die Staaten mit den höchsten Pro-Kopf-Primärüberschüssen 2016 sind Luxemburg (1.784 Euro je Einwohner), Irland (985 Euro je Einwohner) und Deutschland (816 Euro je Einwohner). Österreichs Primärüberschuss liegt bei 221 Euro je Einwohner. Die höchsten Pro-Kopf-Primärdefizite haben im Jahr 2016 Frankreich (-508 Euro je Einwohner), Spanien (-414 Euro je Einwohner) und Finnland (-332 Euro je Einwohner).

Berechnung der Pro-Kopf-Primärsalden der EU-Staaten im Jahr 2016



Weitere Informationen

Weiterführende Informationen zu den Finanzen der EU-Staaten können Sie auf HaushaltsSteuerung.de z.B. über nachfolgende Links abrufen.

» Schuldenuhren der EU-Mitgliedsstaaten
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de

» Staatsverschuldung in der Europäischen Union (EU)
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de

» Staatsverschuldung in Deutschland (Bund, Länder, Kommunen)
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de

» Zinsuhr zu den staatlichen Zinsausgaben von Deutschland und Österreich
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de





©  Andreas Burth, Marc Gnädinger