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Lexikon zur öffentlichen Haushalts- und Finanzwirtschaft


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Staatsverschuldung

Der Begriff der Staatsverschuldung ist definiert als der Gesamtbetrag der Verschuldung der öffentlichen Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Kommunen) sowie deren Auslagerungen. Häufig werden auch Parafisken, wie die Sozialversicherungsträger, einbezogen. Die Höhe der Staatsverschuldung hängt insbesondere vom Umfang der berücksichtigten Schuldenarten und sowie der Abgrenzung der einbezogenen Auslagerungen ab.

Die Integration von Auslagerungen in die Definition der Staatsverschuldung ist insbesondere deshalb bedeutsam, da die öffentlichen Gebietskörperschaften ihre Aufgaben nicht mehr ausschließlich im Kernhaushalt wahrnehmen. Vielmehr haben Bund, Länder und Kommunen Teile ihrer öffentlichen Leistungserstellung auf öffentliche Fonds, Einrichtungen und Unternehmen (FEU) verlagert. Gründe für die Etablierung solcher Auslagerungen können z.B. in Effizienzgesichtspunkten oder auch im "Verstecken" von Schuldenpositionen liegen. Da in Auslagerungen verortete Schulden nicht im Kernhaushalt der Gebietskörperschaften ausgewiesen werden, entziehen sie sich dem unmittelbaren Blick des Beobachters. Um ein vollständiges Bild der öffentlichen Verschuldung zu zeichnen ist es folglich wichtig, die Schulden möglichst aller Auslagerungen (konsolidiert) einzubeziehen.

Nach der neuen Schuldenstatistik (ab 2010) kann die Staatsverschuldung hinsichtlich des Umfangs der einbezogenen Auslagerungen gemäß Schalenkonzept der öffentlichen Verschuldung differenziert werden in:
- Staatsverschuldung der öffentlichen Kernhaushalte (= kleine Abgrenzung)
- Staatsverschuldung des öffentlichen Gesamthaushalts (= mittlere Abgrenzung)
- Staatsverschuldung des öffentlichen Bereichs (= große Abgrenzung)

Schalenkonzept der Staatsverschuldung

Die Staatsverschuldung der öffentlichen Kernhaushalte (kleine Abgrenzung) beinhaltet die Schulden, die seitens Bund, Ländern, Kommunen sowie gesetzlicher Sozialversicherung im jeweiligen Kernhaushalt (d.h. ohne Auslagerungen) aufgenommen wurde.

Die Staatsverschuldung des öffentlichen Gesamthaushalts (mittlere Abgrenzung) umfasst die Schulden, die von Bund, Ländern, Kommunen und gesetzlicher Sozialversicherung in ihren Kernhaushalten sowie ihren Extrahaushalten aufgenommen worden sind. Staatsverschuldung des öffentlichen Gesamthaushalts unterscheidet sich von der Staatsverschuldung der öffentlichen Kernhaushalte folglich durch zusätzliche Berücksichtigung der Schulden der Extrahaushalte (FEUs des Staatssektors). Die Abgrenzung der Staatsverschuldung nach dem öffentlichen Gesamthaushalt ist die in statistischen Berichten am häufigsten verwendete Definition.

Die Staatsverschuldung des öffentlichen Bereichs (große Abgrenzung) bestimmt sich aus der Summe der Schulden von Bund, Ländern, Kommunen und gesetzlicher Sozialversicherung in ihren Kernhaushalten, Extrahaushalten und sonstigen FEUs. Im Vergleich zur Definition der mittleren Abgrenzung der Staatsverschuldung werden demzufolge die Schulden der sonstigen FEUs (FEUs des Marktsektors) zusätzlich berücksichtigt.

Die umfangreichste Berücksichtigung von Auslagerungen in der Definition der Staatsverschuldung liefert die Doppik im Rahmen des dort zu erstellenden Konzern-/Gesamtabschlusses. Im Konzern-/Gesamtabschluss sind die Schulden sämtlicher Auslagerungen (d.h. nicht nur die Schulden der FEUs des Staatssektors sowie des Marktsektors) auszuweisen. Kernhaushalt und Auslagerungen werden als eine Einheit (Konzern) betrachtet, weshalb im Gegensatz zur Schuldenstatistik eine Konsolidierung der Schulden vorgenommen wird (Schulden der Auslagerungen beim Kernhaushalt werden mit den Forderungen des Kernhaushalts ggü. den Auslagerungen aufgerechnet und umgekehrt).

Neben dem Umfang der in die Staatsverschuldungs-Definition integrierten Auslagerungen ist auch die Abgrenzung nach Schuldenarten für die Höhe der Staatsverschuldung bedeutsam.

Die älteren Schuldenstatistiken (bis 2009) weisen folgende Schuldenarten aus:
- Kreditmarktschulden im weiteren Sinne (= Kreditmarktschulden im engeren Sinne
  (Wertpapierschulden) + Ausgleichsforderungen)
- Kassenverstärkungskredite (= Kassenkredite + zur kurzfristigen Kassenverstärkung bestimmte
  Geldmarkttitel)
- Schulden bei öffentlichen Haushalten
- Innere Schulden
- Kreditähnliche Rechtsgeschäfte
Nachrichtlich werden zusätzlich noch die Bürgschaften (inkl. Garantien und sonstige Gewährleistungen) nachgewiesen.

Als Staatsschuldenstand werden nach alter Schuldenstatistik häufig die Kreditmarktschulden im weiteren Sinne (ggf. unter Hinzurechnung der Kassenverstärkungskredite) definiert. Als Abgrenzung wird i.d.R. die Staatsverschuldung des öffentlichen Gesamthaushalts (siehe oben) herangezogen. Die übrigen Schuldenarten (kreditähnliche Rechtsgeschäfte, innere Schulden, Schulden bei öffentlichen Haushalten) werden damit jedoch ausgeblendet, wodurch der Schuldenstand zu niedrig ausgewiesen wird.

Mit der neuen Schuldenstatistik (ab 2010) werden die meisten der oben genannten Schuldenarten nicht mehr verwendet. Es werden folgende (neue) Schuldenarten berichtet:
- Schulden beim öffentlichen Bereich (= Kredite und Kassenkredite beim öffentlichen Bereich)
- Schulden beim nicht-öffentlichen Bereich (= Kredite und Kassenkredite beim nicht-öffentlichen
  Bereich
)
- Kreditähnliche Rechtsgeschäfte
Nachrichtlich werden ebenfalls noch die Bürgschaften (inkl. Garantien und sonstige Gewährleistungen) ausgewiesen.

Als Staatsschuldenstand werden nach neuer Schuldenstatistik i.d.R. die Schulden beim nicht-öffentlichen Bereich in der Abgrenzung der Staatsverschuldung des öffentlichen Gesamthaushalts (siehe oben) herangezogen. Auch hier ist jedoch anzumerken, dass aufgrund der Nicht-Berücksichtigung der übrigen Schuldenarten ein zu niedriger Schuldenstand ausgewiesen wird.

Ein grundsätzliches Problem der in der Schuldenstatistik berichteten Staatsverschuldung besteht darin, dass diese noch auf Daten aus der Kameralistik basiert und die Staatsverschuldung damit grundsätzlich untererfasst ist. Grund hierfür ist, dass v.a. ungewisse Schulden (insb. Rückstellungen) aktuell (noch) nicht finanzstatistisch erfasst und berichtet werden (können).

Erst mit dem Umstieg auf die Doppik wird der Blick auf alle öffentlichen Schuldenarten erweitert. Neben den Verbindlichkeiten, zu denen u.a. die Kreditmarktschulden und Kassenkrediten zählen, werden in der Doppik auch die Rückstellungen dargestellt.

Rückstellungen sind ungewisse Verbindlichkeiten. Sie können im Hinblick auf ihr Bestehen, den Zeitpunkt der Fälligkeit und/oder ihre Höhe ungewiss sein. Eine Rückstellung ist zu passivieren, wenn mehr Gründe für das Bestehen einer Verpflichtung sprechen als dagegen. Rückstellungen werden z.B. für Pensionsverpflichtungen (sog. Pensionsrückstellungen) und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (sog. Drohverlustrückstellungen) gebildet. Die Schulden werden in der Doppik auf der Passivseite der Bilanz/Vermögensrechnung ausgewiesen. Ferner geht mit der Einführung der Doppik die Erstellung eines Konzern-/Gesamtabschlusses (siehe oben) einher. Somit werden auch für sämtliche Auslagerungen alle Schuldenarten (d.h. insb. inkl. Rückstellungen) konsolidiert ausgewiesen.

Nachfolgende Grafik kategorisiert das Staatsschulden-Portfolio und visualisiert, welcher Rechnungsstil welche Schuldenarten abbildet. Hinsichtlich der Grafik sei der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass die Kameralistik zwar den weit überwiegenden Teil (Geldschulden) der doppischen Verbindlichkeiten abdeckt - gleichwohl werden nicht alle doppischen Verbindlichkeiten auch in der Kameralistik erfasst. So lässt die Kameralistik z.B. Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung außen vor.

Staatsverschuldung (kategorisiert nach Kameralistik/Doppik)

Aktuell stellen ein Großteil der Kommunen sowie vier Länder (Bremen, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen) ihr Haushalts- und Rechnungswesen von der Kameralistik auf die Doppik um. Der Bund, die übrigen Länder und ein Teil der Kommunen werden diesen Schritt in den nächsten Jahren voraussichtlich nicht vollziehen. Demzufolge wird auf absehbare Zeit kein konsolidierter Schuldenstand des Gesamtstaats nach doppischer Definition vorliegen. Lediglich für einzelne, auf die Doppik umstellende Gebietskörperschaften (z.B. Stadt Köln) bzw. Gebietskörperschaftsgruppen (z.B. Kommunen in Nordrhein-Westfalen) werden mittelfristig doppische Gesamtschuldenstände vorliegen bzw. ermittelbar sein.

Siehe hierzu auch:
- Staatsschuldenuhren der EU-Mitgliedsstaaten
- Staatsschuldenuhr zur Staatsverschuldung der USA
- Schuldenuhr zur Staatsverschuldung von Japan
- Staatsverschuldung in der Europäischen Union (EU)
- Staatsverschuldung in Deutschland (Bund, Länder, Kommunen)
- Zinsuhr zu den staatlichen Zinsausgaben von Deutschland und Österreich
- Vorträge/Präsentationen zum Thema "Haushaltskonsolidierung & Verschuldung"
- Aufsätze zum Thema "Haushaltskonsolidierung & Verschuldung"
- Zitate für Haushaltsreden zum Thema "Schulden | Staatsverschuldung"
- Blog-Einträge zum Thema "Schuldenfreie Kommunen"
- Blog-Einträge zum Thema "Nachhaltigkeitssatzungen & kommunale Schuldenbremsen"
- Blog-Einträge zum Thema "Verschuldung & Haushaltskonsolidierung"
- Statistik über die Schulden der öffentlichen Haushalte (Statistisches Bundesamt)
- Linksammlung zu Richtlinien aus dem Finanzbereich (u.a. auch Kreditrichtlinien)
- Linksammlung zu kommunalen Dienstanweisungen (u.a. zum Schuldenmanagement)
- Linksammlung zu doppischen Haushaltsplänen deutscher Kommunen
- Linksammlung zu Gesamt-/Konzernabschlüssen (Bundesländer und Kommunen)
- Linksammlung zu doppischen Jahresabschlüssen (Bundesländer und Kommunen)
- Linksammlung zu Eröffnungsbilanzen (Bundesländer und Kommunen)


©  Andreas Burth, Marc Gnädinger