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Lexikon zur öffentlichen Haushalts- und Finanzwirtschaft


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Kameralistik, einfache

Die einfache Kameralistik (auch: Verwaltungskameralistik, traditionelle Kameralistik; oder kurz: Kameralistik) ist eine stark inputorientierte Form der Buchführung, die primär in der öffentlichen Verwaltung Anwendung findet bzw. fand.

Die einfache Kameralistik betrachtet lediglich Einnahmen und Ausgaben, wodurch sie nur den Geldverbrauch, nicht aber den Ressourcenverbrauch erfasst. Der Fokus der einfachen Kameralistik liegt daher auch eher auf Finanzzielen als auf Sachzielen.

In der einfachen Kameralistik werden - im Gegensatz zur Doppik - einseitige Konten mit mehreren Spalten (Soll, Ist, Rest) geführt. Die Gliederung der Konten orientiert sich am Haushaltsplan. Verwaltungsvorfälle werden im kameralen Buchführungssystem i.d.R. nur auf einem Konto verbucht. Zugleich verursachen Verwaltungsvorfälle auf diesem Konto jedoch zwei Buchungen: eine Soll-Buchung und eine Ist-Buchung. Die Soll-Buchung (sog. Soll-Stellung) erfolgt, sobald eine Einnahme oder Ausgabe fällig wird. Die Ist-Buchung wird dann vorgenommen, wenn die Zahlung tatsächlich geleistet wurde (Ist-Ausgabe) bzw. tatsächlich eingenommen wurde (Ist-Einnahme).

Das in der einfachen Kameralistik dominierende Steuerungssystem ist die sog. Inputsteuerung. Es besteht grundsätzlich aber die Möglichkeit auch ein rein kamerales System um Ziele und Kennzahlen sowie um Wirkungsbetrachtungen zu ergänzen (Outputsteuerung). Gleichwohl könnte im Falle der Nutzung von Zielen und Kennzahlen bereits davon gesprochen werden, dass es sich nicht mehr um die einfache Kameralistik, sondern bereits um eine rudimentäre Form der erweiterten Kameralistik handelt.

Ein Hauptproblem der einfachen Kameralistik besteht darin, dass sie aufgrund ihres rein zahlungsorientierten Charakters faktisch nicht in der Lage ist, den Ressourcenverbrauch abzubilden. Die Abbildung des Ressourcenverbrauchs ist wichtig, um belastbare Aussagen hinsichtlich der Generationengerechtigkeit der Haushaltswirtschaft zu treffen. So ist das ethische Leitbild der Generationengerechtigkeit per Definition immer dann erfüllt, wenn in einer Periode nicht mehr Ressourcen verbraucht werden als in derselben Periode Ressourcen erwirtschaftet werden. Diese Gegenüberstellung von Ressourcenverbrauch und Ressourcenaufkommen ist mittels der Einführung der Doppik realisierbar. In der Doppik werden Ressourcenverbrauch und Ressourcenaufkommen in Form von Aufwendungen und Erträgen erfasst. Reichen demnach in der Doppik die Erträge aus, um die Aufwendungen zu decken, so ist definitionsgemäß generationengerecht gewirtschaftet worden. Im umgekehrten Fall ist gegen den Grundsatz der Generationengerechtigkeit verstoßen worden. Da die Kameralistik - im Gegensatz zur Doppik - nicht in der Lage ist, Ressourcenverbrauch und Ressourcenaufkommen gegenüberzustellen, kann auf Basis kameraler Daten keine Aussage zur Generationengerechtigkeit der Haushaltswirtschaft getroffen werden. Politik und Verwaltung steuern hinsichtlich des ethischen Leitbilds der Generationengerechtigkeit folglich "im Dunkeln".

Ein weiteres Problem der einfachen Kameralistik ist in der unvollständigen Abbildung öffentlicher Verschuldung zu finden. So bildet die Kameralistik lediglich Geldschulden ab. Im Gegensatz zur Doppik bleiben damit insb. die Rückstellungen (z.B. Pensionsrückstellungen) unberücksichtigt.

Ein weiterer Kritikpunkt an der traditionellen Kameralistik betrifft die dort bestehende Möglichkeit, z.B. Schulden in Auslagerungen (z.B. öffentliche Unternehmen) zu "verstecken" (sog. "Flucht aus dem Budget"). Dieses Problem wird im doppischen System über die Pflicht zur Aufstellung eines Konzern-/Gesamtabschlusses gelöst.

Nicht zuletzt wird im Kontext der einfachen Kameralistik auch kritisch angeführt, dass diese keine Bewertung des vollständigen Vermögens der betreffenden Gebietskörperschaft vornimmt. Die Doppik schafft hinsichtlich dieses Problems Abhilfe über die Verpflichtung zur Durchführung einer (regelmäßigen) Inventur, welche die Grundlage für die Erstellung der doppischen Bilanz darstellt.

Kameralistik vs. Doppik

Aufgrund der zuvor genannten Probleme der einfachen Kameralistik wurden in Vergangenheit umfangreiche Haushaltsreformen angestoßen. Der Reformstand unterscheidet sich hierbei von Bundesland zu Bundesland. Auf kommunaler Ebene wird vornehmlich der Umstieg auf die Doppik vollzogen. Auf Landesebene wurde in den meisten Fällen die Variante der erweiterten Kameralistik gewählt. Ausnahmen sind z.B. die Länder Hamburg, Bremen und Hessen, die sich für die Doppik in der Landesverwaltung entschieden haben. Auf Bundesebene ist geplant die einfache Kameralistik durch eine erweiterte Kameralistik zu ersetzen.

Siehe auch:
- Definition des Begriffs "kamerale Buchführung"
- Definition des Begriffs "Haushaltsplan (kameral)"
- Definition des Begriffs "Geldverbrauchskonzept (GVK)"
- Haushaltsreformen in Deutschland (Bund, Länder, Kommunen)
- Linksammlung zu den Haushaltsplänen des Bundes (inkl. Haushaltsrechnungen)
- Linksammlung zu den Haushaltsplänen der Länder (inkl. Haushaltsrechnungen)
- Linksammlung zu kameralen Haushaltsplänen deutscher Kommunen
- Linksammlung zu kameralen Jahresrechnungen deutscher Kommunen
- Linksammlung zum Haushaltsrecht in Deutschland


©  Andreas Burth, Marc Gnädinger