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Auslagerungsquote der kommunalen Schulden
Auslagerungsquote der kommunalen Schulden
13. August 2017 |
Autor: Andreas Burth
Das Statistische Bundesamt hat jüngst die
Schuldenstatistik
2016 veröffentlicht. Die Statistik ermöglicht einen
Ländervergleich, der neben den Schulden der kommunalen
Kernhaushalte auch die Schulden der kommunalen Unternehmen
berücksichtigt. Die Schuldenstatistik zeichnet damit ein vollständigeres Bild der kommunalen Verschuldung als andere
Finanzstatistiken.
Abbildung 1 zeigt, dass sich die Kommunen im Saarland und in Hessen am höchsten verschuldet haben. Am geringsten
verschuldet sind die Kommunen in Bayern und Schleswig-Holstein. Im Durchschnitt beläuft sich der Schuldenstand der
deutschen Kommunen auf 4.418 Euro je Einwohner.
Bezüglich der Kommunen in Hessen sei darauf hingewiesen, dass das Land jüngst das Projekt "Hessenkasse" initiiert hat.
Dieses sieht vor, den Kommunen (nahezu) ihre kompletten
Kassenkredite
abzunehmen. Das Entschuldungsprogramm wird die
Pro-Kopf-Kernhaushaltsschulden in Abbildung 1 voraussichtlich um rund 1.000 Euro je Einwohner verringern. Weitere Informationen
können Sie folgendem Link entnehmen.
» Hessenkasse ante portas: Die kommunalen Kassenkredite in Hessen, Blog-Eintrag vom 15. Juli 2017
Autor: Andreas Burth
Viele Kommunen haben sich nicht nur im Kernhaushalt verschuldet, sondern haben einen (wesentlichen) Teil ihrer Schulden
auf kommunale Unternehmen verlagert. In einer kritischeren Sichtweise könnte man auch davon sprechen, dass diese Schulden
"versteckt" wurden.
Die Finanzstatistik unterscheidet bei den kommunalen Unternehmen zwischen
Extrahaushalten und sonstigen
FEUs. Die
Extrahaushalte sind diejenigen kommunalen Unternehmen, deren Schulden und Defizite in die Berechnung des
Maastricht-Schuldenstandes bzw. des
Maastricht-Defizits
einfließen (zusätzlich werden in der Maastricht-Abgrenzung noch die Kernhaushalte einbezogen). Die übrigen kommunalen Unternehmen werden in der
Finanzstatistik den sonstigen FEUs zugerechnet. Typische Beispiele für sonstige FEUs sind
Krankenhäuser, Verkehrsunternehmen sowie Ver- und Entsorgungsunternehmen.
Kommunale Unternehmen können in sehr unterschiedlichen Rechtsformen geführt werden. Besonders häufig anzutreffen sind
die GmbH und der
Eigenbetrieb.
Weitere Beispiele für Rechtsformen kommunaler Unternehmen sind die AG, der
Zweckverband
und die
Anstalt öffentlichen Rechts (AöR).
Wie aus Abbildung 2 hervorgeht, haben die baden-württembergischen Kommunen mit 87,5 Prozent den größten Teil ihrer Schulden
auf kommunale Unternehmen ausgegliedert. Dieses Ergebnis ist besonders interessant, zumal Baden-Württemberg
in Abbildung 1 bei reiner Betrachtung der Schulden in den Kernhaushalten die geringsten Pro-Kopf-Schulden hat. Bezieht man
indes die Schulden der Extrahaushalte und sonstigen FEUs ein, so haben die Kommunen in Baden-Württemberg die fünfthöchsten
Pro-Kopf-Schulden.
Den geringsten Anteil ausgelagerter Schulden hat Rheinland-Pfalz mit 37,6 Prozent. Die zweitniedrigste Auslagerungsquote
weist Schleswig-Holstein auf (48,0 Prozent).
Der hohe Anteil ausgelagerter Schulden ist ein Indikator für das Ausmaß, zu dem kommunale Aufgaben aus dem
Kernhaushalt auf die kommunalen Unternehmen verlagert wurden. Für eine belastbare Beurteilung der Finanzlage einer
Kommune braucht es Daten für den gesamten
"Konzern Kommune". Eine solche Gesamtsicht kann die
Doppik über den
Gesamtabschluss leisten.
Insbesondere vor dem Hintergrund
ihrer umfangreichen Auslagerungspolitik erscheint es wenig zielführend, dass ausgerechnet die Kommunen in Baden-Württemberg erst ab 2020
im Kernhaushalt auf die Doppik umstellen und erst für das Jahr 2022 einen ersten Gesamtabschluss aufstellen müssen. Mit der
Stadt Wiesloch war Baden-Württemberg einst Vorreiter bei den kommunalen Haushaltsreformen in Deutschland. Heute zählt
Baden-Württemberg zu den Schlusslichtern. Vor allem den baden-württembergischen Kommunen mit umfangreicher Auslagerung von Aufgaben ist zu
empfehlen, möglichst frühzeitig auf die Doppik umzusteigen. Dies gilt analog für die Kommunen der übrigen drei Flächenländer, in
denen bislang keine Doppik-Pflicht existiert (d.h. Bayern, Schleswig-Holstein und Thüringen).
» Verbreitung der kommunalen Doppik in Deutschland, Blog-Eintrag vom 22. Juni 2017
Autor: Andreas Burth
Die Kennzahl "Schulden je Einwohner" (siehe Abbildung 1) ist eine Möglichkeit, die Länder mit der höchsten/niedrigsten
Kommunalverschuldung zu identifizieren. Eine Alternative ist die Kennzahl "Schulden in Prozent des nominalen
Bruttoinlandsprodukts (BIP)"
(siehe Abbildung 3). Diese berücksichtigt z.B., dass die kommunalen Einnahmen tendenziell umso
höher ausfallen, je höher das nominale Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt ist. Wirtschaftsstarke Kommunen haben mithin mehr
Einnahmen, die ihnen zur Finanzierung des Schuldendienstes zur Verfügung stehen.
In Prozent des BIP sind das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern am höchsten verschuldet. Am unteren Ende des Rankings
finden sich weiterhin Bayern und Schleswig-Holstein.
Gegenüber Abbbildung 1 verbessern sich Baden-Württemberg und Hessen im Ranking um
fünf bzw. vier Plätze, da sie neben Bayern zu den drei wirtschaftskräftigsten Flächenländern Deutschlands zählen (siehe Abbildung 4).
Mecklenburg-Vorpommern ist demgegenüber das wirtschaftsschwächste Flächenland, was im Ranking zu einer Verschlechterung um vier Plätze führt.
Nachstehende Abbildung zeigt nachrichtlich das nominale Pro-Kopf-BIP des Jahres 2016.
Weiterführende Informationen zu den kommunalen Schulden finden Sie auf HaushaltsSteuerung.de z.B. über folgende Links.
» Entwicklung des Anteils der Zinsausgaben an den Gesamtausgaben, Blog-Eintrag vom 3. August 2017
Autor: Andreas Burth
» Kommunale Zinsausgaben-Quote im EU-Vergleich, Blog-Eintrag vom 23. Juli 2017
Autor: Andreas Burth
» Kassenkredite nach Kommunaltypen im Ländervergleich 2016, Blog-Eintrag vom 6. Juni 2017
Autor: Andreas Burth
» Durchschnittszinssätze der Kommunen im EU-Vergleich, Blog-Eintrag vom 17. Mai 2017
Autor: Andreas Burth
» Trendwende bei den kommunalen Kassenkrediten?, Blog-Eintrag vom 4. Mai 2017
Autor: Andreas Burth
» Entwicklung der deutschen Kommunalschulden in Prozent der kommunalen Einnahmen, Blog-Eintrag vom 27. April 2017
Autor: Andreas Burth
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