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Schulden der kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz
Schulden der kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz
21. Mai 2017 |
Autor: Andreas Burth
Auf die Frage nach Flächenländern mit problematischen Kommunalfinanzen fallen i.d.R. die Namen folgender Länder: Saarland,
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen. Sowohl bei der kommunalen Gesamtverschuldung als auch bei den
Kassenkrediten
rangieren sie im Ländervergleich auf den unrühmlichen Spitzenplätzen. Ein wesentlicher Teil der kommunalen Finanzprobleme in Rheinland-Pfalz
ist den kreisfreien Städten zuzurechnen.
» Kommunalverschuldung im Ländervergleich
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
Insgesamt sind die zwölf kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz zum 31.12.2015 mit 9,14 Mrd. Euro verschuldet. Dies entspricht 8.669
Euro je Einwohner, was als ein sehr hohes Pro-Kopf-Niveau einzustufen ist. Von der Gesamtverschuldung der kreisfreien Städte
entfallen 65,46 Prozent auf die
Kernhaushalte und 34,54 Prozent auf die
Auslagerungen
(hier:
Eigenbetriebe
und rechtlich selbstständige Unternehmen).
Die Schulden der kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz werden im vorliegenden Beitrag genauer untersucht. Insbesondere soll
anhand eines Vergleichs der Pro-Kopf-Verschuldung analysiert werden, welche kreisfreien Städte am höchsten bzw. am niedrigsten
verschuldet sind. Ebenfalls wird betrachtet, in welchem Maße die Städte auf Kassenkredite zurückgegriffen haben.
Datengrundlage der hier durchgeführten Untersuchung ist der Wegweiser Kommune der Bertelsmann Stiftung. Der Datensatz ist
am 13.5.2017 abgerufen worden. Einen Überblick über die verwendeten Kennzahlen finden Sie in Tabelle 1.
Die Schuldendaten beziehen sich jeweils auf den Stichtag 31.12.2015 und werden in Euro je Einwohner berichtet. Der 31.12.2015
ist der aktuellste Stichtag, zu dem derzeit statistische Schuldendaten für die einzelnen kreisfreien Städte (Kernhaushalte und Auslagerungen) abrufbar sind. Für die
Pro-Kopf-Berechnungen sind die Bevölkerungszahlen zum 31.12.2015 genutzt worden.
Neben den Schulden des städtischen Kernhaushalts werden auch die Schulden der städtischen Auslagerungen (Eigenbetriebe und
rechtlich selbstständige Unternehmen) einbezogen. Die Ausgliederung von Aufgaben (und damit häufig auch von Schulden) ist
unter einwohnerkräftigeren Kommunen (wie z.B. kreisfreien Städten) tendenziell stärker verbreitet als bei einwohnerschwächeren
Kommunen. Durch die Berücksichtigung ausgelagerter Schulden wird die interkommunale Vergleichbarkeit von Kommunen mit
unterschiedlichem Auslagerungsgrad erhöht.
Die kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz mit den höchsten Pro-Kopf-Schulden zum 31.12.2015 sind Kaiserslautern, Mainz und
Pirmasens mit jeweils über 10.000 Euro je Einwohner. Am geringsten verschuldet sind Landau in der Pfalz und Neustadt an der
Weinstraße mit jeweils etwas mehr als 3.000 Euro je Einwohner.
Wie aus Tabelle 2 deutlich wird, haben die kreisfreien Städte einen nennenswerten Teil ihrer Schulden aus dem Kernhaushalt
auf Eigenbetriebe und rechtlich selbstständige Unternehmen ausgelagert. Zum 31.12.2015 finden sich durchschnittlich 34,54
Prozent der Schulden in den Auslagerungen. Dies verdeutlicht, dass eine reine Betrachtung der Kernhaushaltsschulden bei den
kreisfreien Städten i.d.R. zu kurz greift. Zur Beurteilung der Verschuldungssituation sollten - sofern entsprechende Daten
verfügbar sind - daher stets auch die Schulden der Auslagerungen einbezogen werden.
Als eine besonders problematische Form der Verschuldung gelten die Kassenkredite. Kassenkredite dienen eigentlich der
kurzfristigen Liquiditätssicherung (ähnlich einem Kontokorrentkredit oder Dispokredit im privaten Bereich). Tatsächlich
werden die Kassenkredite jedoch von einigen Städten zur dauerhaften Finanzierung laufender Defizite zweckentfremdet. Dies
ist u.a. deshalb problematisch, weil den Kassenkrediten - im Gegensatz zu den
Investitionskrediten
- keine investiv
geschaffenen Vermögenswerte (z.B. Schulgebäude, Brücke) gegenüber stehen. Die in Form von konsumtiven Kassenkrediten
angesammelten Lasten werden demnach nachrückenden Generationen aufgebürdet, ohne dass diesen Generationen aus der Verschuldung
(z.B. in Form investiv geschaffener Vermögenswerte) ein Vorteil erwächst. Hohe dauerhafte Kassenkreditbestände sind ein
Indikator für ein Wirtschaften über die eigenen Verhältnisse.
» Kommunale Kassenkredite, Blog-Eintrag vom 12. April 2016
Autor: Andreas Burth
» Historische Entwicklung der kommunalen Kassenkredite seit 1960, Blog-Eintrag vom 20. November 2016
Autor: Andreas Burth
In vielen Städten in Deutschland (und insbesondere auch in Rheinland-Pfalz) hat das Wirtschaften über die eigenen Verhältnisse
bereits beträchtliche Ausmaße angenommen. Von hohen Kassenkreditschulden kann bereits ab 500 Euro je Einwohner gesprochen werden.
Liegen sie sogar über 1.000 Euro je Einwohner, so hat sich die betreffende Kommune sehr hohe Kassenkreditlasten aufgebürdet.
Ab 2.000 Euro je Einwohner hat die Kassenkreditverschuldung - und damit auch das Leben über die eigenen Verhältnisse - bereits
enorme Ausmaße angenommen. Einige Städte haben in den vergangenen Jahren derart exzessiv über ihre Verhältnisse gewirtschaftet,
dass sie zum 31.12.2015 sogar über 3.000 Euro je Einwohner liegen. In Rheinland-Pfalz haben folgende sieben Städte Kassenkredite
von über 3.000 Euro je Einwohner: Frankenthal (Pfalz), Kaiserslautern, Ludwigshafen am Rhein, Pirmasens, Trier, Worms und
Zweibrücken. Trauriger "Spitzenreiter" ist Pirmasens mit unfassbar hohen 7.921 Euro je Einwohner. Dies ist zum 31.12.2015 zugleich der Höchstwert
aller 103 kreisfreien Städte in Deutschland. Kreisfreie Städte ohne Kassenkredite gibt es in Rheinland-Pfalz nicht.
Dass es auch anders geht, zeigen die kreisfreien Städte anderer Flächenländer. Insgesamt gibt es 40 kreisfreie
Städte, die gemäß Wegweiser Kommune zum 31.12.2015 im Kernhaushalt ohne Kassenkredite auskommen: Amberg, Ansbach, Aschaffenburg, Baden-Baden, Bamberg, Bayreuth,
Braunschweig, Chemnitz, Coburg, Dresden, Eisenach, Emden, Erlangen, Freiburg im Breisgau, Fürth, Heidelberg, Heilbronn, Hof,
Ingolstadt, Jena, Kaufbeuren, Kempten (Allgäu), Landshut, Leipzig, Mannheim, Memmingen, München, Oldenburg (Oldenburg), Passau,
Pforzheim, Potsdam, Regensburg, Schwabach, Schweinfurt, Straubing, Stuttgart, Suhl, Ulm, Wolfsburg und Würzburg.
Die Hauptverantwortung für die teilweise prekäre Situation in den kreisfreien Städten in Rheinland-Pfalz tragen ohne Zweifel
die Städte selbst. Den Städten ist ein Recht auf Selbstverwaltung garantiert. Dieses Recht ist jedoch untrennbar verknüpft
mit einer Pflicht zur Selbstverantwortung. Hierunter fällt auch die Eigenverantwortung in finanziellen Angelegenheiten.
Nichtdestotrotz darf nicht übersehen werden, dass auch das Land eine Mitverantwortung trägt. So hat das Land mittels der
Kommunalaufsicht darüber zu wachen, dass die Kommunen nicht über ihre Verhältnisse wirtschaften. Dieser Pflicht ist die
Kommunalaufsicht jedoch nicht immer nachgekommen. Beim Blick auf die immensen Kassenkredite von Städten wie z.B. Pirmasens,
Kaiserslautern oder Zweibrücken kann kaum noch von einer Kommunalaufsicht gesprochen werden. Es scheint dort wohl eher eine
Kommunalwegsicht praktiziert zu werden.
Interessant im Kontext der Kommunalschulden ist zudem ein Vergleich zum
Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt
2014 (siehe Abbildung). Das Jahr 2014 ist derzeit das aktuellste Jahr, zu dem Bruttoinlandsprodukt-Daten für die
kreisfreien Städte statistisch verfügbar sind.
Die Abbildung zeigt, dass ausgerechnet die kreisfreie Stadt mit dem niedrigsten Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt 2014
(Neustadt an der Weinstraße) die geringsten Pro-Kopf-Kassenkredite hat. Demgegenüber hat Ludwigshafen am Rhein, die
wirtschaftsstärkste kreisfreie Stadt in Rheinland-Pfalz, enorme Kassenkreditschulden von 3.763 Euro je Einwohner. Wenn
Neustadt an der Weinstraße bei Kassenkrediten von 418 Euro je Einwohner liegt, müsste es eine Stadt wie Ludwigshafen
am Rhein schaffen können, noch niedriger zu liegen.
Dass es möglich ist, Kommunalhaushalte auch unter sehr schwierigen Rahmenbedingungen ohne Kassenkredite zu führen,
zeigen die Städte und Gemeinde anderer Länder. Selbst in Kommunalfinanz-Krisenländern, wie z.B. in Hessen und in
Nordrhein-Westfalen, finden sich zahlreiche Beispiele für solche Kommunen. Für weitere Informationen sei auf nachfolgende
Blog-Einträge verwiesen.
» Stark zersiedelte Gemeinden in Hessen ohne Kassenkredite, Blog-Eintrag vom 20. Oktober 2015
Autor: Andreas Burth
» Gemeinden in Nordrhein-Westfalen ohne Kassenkredite trotz eines starken Bevölkerungsrückgangs, Blog-Eintrag vom 11. September 2015
Autor: Andreas Burth
» Kreisangehörige NRW-Gemeinden ohne Kassenkredite trotz schwieriger Rahmenbedingungen im Sozialbereich, Blog-Eintrag vom 8. September 2015
Autor: Andreas Burth
» Kassenkreditfreie Gemeinden in Nordrhein-Westfalen mit geringer Steuereinnahmekraft, Blog-Eintrag vom 6. September 2015
Autor: Andreas Burth
» Steuerschwache Gemeinden in Hessen ohne Kassenkreditschulden, Blog-Eintrag vom 4. September 2015
Autor: Andreas Burth
Die hochverschuldeten Städte (insbesondere die Städte mit hohen Kassenkrediten) stehen in den kommenden Jahren vor der
Herausforderung, ihre Haushalte zu konsolidieren. Die Kassenkredite sind wieder auf 0,00 Euro zurückzuführen. Auf der
Suche nach möglichen Konsolidierungsmaßnahmen kann ein Blick in die Haushaltssicherungskonzepte anderer Kommunen helfen.
Eine Linksammlung zu Beispielen solcher Haushaltssicherungskonzepte finden Sie auf der unten aufgeführten Seite.
» Linksammlung zu Haushaltssicherungskonzepten
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
Weiterführende Informationen zu den Finanzen der Kommunen in Rheinland-Pfalz können Sie auf HaushaltsSteuerung.de z.B.
über nachstehende Links abrufen.
» Kommunalverschuldung in Rheinland-Pfalz
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Ergebnisplanung und Realsteuerhebesätze 2016 der kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz, Blog-Eintrag vom 5. September 2016
Autor: Andreas Burth
» Schulden-Ranking der 24 Landkreise in Rheinland-Pfalz, Blog-Eintrag vom 10. April 2016
Autor: Andreas Burth
» Pro-Kopf-Kassenkredite der 30 verbandsfreien, kreisangehörigen Städte und Gemeinden in Rheinland-Pfalz, Blog-Eintrag vom 9. August 2015
Autor: Andreas Burth
Schulden-Vergleiche der kreisfreien Städte unter Einbeziehung der übrigen Flächenländer finden Sie unter folgenden Links.
» Pro-Kopf-Kassenkredite der kreisfreien Städte 2012 bis 2015, Blog-Eintrag vom 16. Februar 2017
Autor: Andreas Burth
» Schuldenquoten der kreisfreien Städte in Deutschland, Blog-Eintrag vom 5. November 2016
Autor: Andreas Burth
» Pro-Kopf-Verschuldung der kreisfreien Städte Deutschlands, Blog-Eintrag vom 30. März 2016
Autor: Andreas Burth
» Schuldenbedingte Belastung der Kernhaushalte der 103 kreisfreien Städte im Vergleich, Blog-Eintrag vom 29. August 2015
Autor: Andreas Burth
» Schulden-Ranking der 103 kreisfreien Städte in Deutschland, Blog-Eintrag vom 3. August 2014
Autor: Andreas Burth
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